Das Thema Blutzucker sollte nicht nur für Diabetiker ein Begriff sein, denn Blutzuckerschwankungen haben einen Einfluss auf unser Körperfett, unser Energielevel, die Gesundheit und er kann zum Teil als Indikator für Nahrungsmittelunverträglichkeiten genutzt werden. Heutzutage könnte jeder, der seinen Körper über dieses Tool besser kennenlernen möchte, bequem von zuhause aus ohne einen Arztbesuch seinen Glukosewert mit einem Sensor tracken. Aber auch ohne dieses Instrument gibt uns unser Organismus Signale, die auf Blutzuckerschwankungen oder einen stabilen Wert hinweisen.
Unser Blutkreislauf versorgt unsere Zellen mit Zucker
Unter Blutzucker versteht man die Konzentration vom Einfachzucker Glukose im Blut. Dieser Wert ist messbar und wird in mg/dl oder mmol/l angegeben. Unsere Körperzellen benötigen die Glukose als Energieträger und Ausgangsstoff bei Stoffwechselvorgängen1. Es liegt auf der Hand, dass immer eine gewisse Menge an Glukose in unserem Blut sein muss, damit diese fortlaufenden Prozesse funktionieren. Er darf jedoch auch nicht zu hoch sein, denn dies könnte das Blut vereinfacht gesagt verstopfen. Da in unserem Organismus glücklicherweise nichts dem Zufall überlassen wird, regulieren verschiedene Hormone unseren Blutzuckerwert. Das funktioniert so, dass sie unseren Zellen Signale für die Aufnahme oder die Abgabe von Glukose geben.
Am Ende des Artikels erfahren wir noch einmal im Detail, wie man es schafft, mit den richtigen Lebensmitteln und Alltagshelfern, den Blutzucker konstant niedriger zu halten.
Wie nehmen wir Zucker auf?
Vor allem, wenn wir Kohlenhydrate essen, steigt unser Blutzucker relativ deutlich an. Kohlenhydrate können in Form von Einfach- Zweifach- oder Mehrfachzuckern (Stärke) in Nahrungsmitteln vorkommen. Einfachzucker wie Glukose (Traubenzucker), Fruktose und Galaktose finden wir oft in Süßigkeiten oder Früchten. Zu Zweifachzuckern gehört die Laktose (Milchzucker) und die Saccharose (Kristallzucker). Komplexere Mehrfachzucker in Form von Stärke befinden sich in Kartoffeln, Getreide, Hülsenfrüchten und Gemüse.
Unser Darm kann nur Einfachzucker resorbieren, wodurch während unserem Verdauungsprozess, der beim Kauen im Mund beginnt und im Darm endet, der Zweifach- und Mehrfachzucker aufgespaltet werden muss. Je komplexer die Kohlenhydrate und je mehr sie „eingepackt“ (z.B. in unverdauliche Ballaststoffe oder Fett) sind, desto länger und gleichmäßiger wird der Zucker aus ihnen aufgenommen. Am schnellsten nehmen wir direkten Zucker aus zuckerhaltigen Getränken auf.
Für unseren Blutzuckerwert ist lediglich die Glukose von Bedeutung. Fruktose und Galaktose kommen zwar auch in die Blutbahn, werden aber direkt zur Leber weitergeben, die diese zwei Zuckerarten dann erst umwandeln muss – oft in Fette, die dann im Körperfett eingelagert werden. Wenn unser Blutzucker aber niedrig ist und unser Körper dringend Energie braucht, hilft ein Fruchtsaft, der viel Fruktose enthält, weil diese dann unfassbar schnell von der Leber in direkte Energie (ATP) umgewandelt wird.
Haben wir nun eine größere Menge an Glukose aufgenommen, steigt unser Blutzucker. Hat er einen Wert erreicht, der über dem Normalbedarf liegt, welchen er benötigt, um die Zellen zu versorgen, muss der überschüssige Zucker abtransportiert werden. Dies wird vom Hormon Insulin reguliert, was im übernächsten Abschnitt genauer beschrieben wird2.
Welcher Blutzuckerwert ist normal und wie kann man ihn messen?
Die Glukose-Konzentration im Blut kann mit verschiedenen Messgeräten festgestellt werden. Natürlich kann das beim Arzt über eine Labor Probe erfolgen. Für zuckerkranke Patienten, die ihren Wert ständig prüfen müssen, wurden jedoch unkompliziertere Methoden entwickelt. So kann man einen Sensor nutzen, an der eine kleine Nadel ist. Dieser Detektor ist mittlerweile sehr klein und wird beispielsweise hinten am Oberarm angebracht. Der Sensor klebt dann – meist für zwei Wochen – auf der Haut und die feine Nadel, die nicht spürbar oder störend ist, hat ständigen Kontakt zum Blut. Die Sensordaten werden dann auf ein verbundenes Blutzuckermessgerät übertragen.
Mittlerweile gibt es sogar Apps, die das Gerät ersetzen, so dass bequem mit dem Handy getracked werden kann.
Wie im ersten Abschnitt beschrieben, wird der Wert in mg/dl oder mmol/l angegeben. In Deutschland werden meistens mg/dl genutzt, auf diese beschränken wir uns hier einfachheitshalber.
Ein gesunder Mensch sollte im nüchternen Zustand (also nach dem Aufstehen, noch vor dem Essen) keinen höheren Zuckerwert als 100 mg/dl haben. Zwei Stunden nach dem Essen ist der Blutzucker normalerweise bei bis zu 140 mg/dl. Je nachdem, ob man eine sehr kohlenhydratreiche Mahlzeit zu sich genommen hat, kann der Glukosewert auch etwas darüber liegen. Von einer Zuckerkrankheit spricht man, wenn der Blutzuckerwert nüchtern bei über 126 mg/dl und über 200 mg/dl nach dem Essen liegt. Mehr zu diesem Thema folgt in einem späteren Abschnitt.
Insulin – das Speicher Hormon
Steigt unser Blutzucker an, so wird die Bauchspeicheldrüse dazu angeregt, Insulin in die Blutbahn abzugeben. Das Hormon wird dann zu den Zellen gebracht und bindet dort an Rezeptoren an der Zellemembran. Dies führt dazu, dass im inneren der Zelle an die dort verweilenden Glukosetransporter zur Zellmembran gelangen und dort so eingebaut werden, dass die überschüssige Glukose aus der Blutbahn einströmen kann.
Vereinfacht kann man sich Insulin also als geheimes Klopfzeichen an der Tür vorstellen, woraufhin der Türsteher, in Form des Glukosetransporters, öffnet. Ist die Glukose im Zellinneren angekommen, wird sie dort in ihre Speicherform, dem Glykogen, umgewandelt und eingelagert. Diese Glykogenspeicher, die wir in Leber- und Muskelzellen haben, haben – anders als Fettzellen – eine begrenzte Kapazität. Sind sie bereits voll, so beginnt unsere Leber, Zucker zu Fett umzuwandeln und in dieser Form einzuspeichern4. Dies ist auch ein Grund dafür, dass Zucker uns dick machen kann.
Glukagon, Adrenalin, Noradrenalin, Somatotropin und Cortisol erhöhen den Blutzucker
Der Glukosewert im Blut kann nicht nur über den Nahrungsaufnahmeweg erhöht werden, denn dann hätten wir ein Problem, wenn es mal einige Stunden oder Tage nichts zu essen gibt. Für unsere Vorfahren war dies ja durchaus immer wieder der Fall.
Glukagon ist der Gegenspieler von Insulin und somit das Hormon der Energiebereitstellung. Es gibt den Leberzellen das Signal dafür, gespeichertes Glykogen wieder in Glukose umzuwandeln und ins Blut abzugeben. Auch für die Transformation von gespeicherten Fettsäuren in Zucker gibt Glukagon das entsprechende Signal4.
Cortisol ist eines der Hormone, welche unser Körper im Stresszustand ausschüttet. Es erhöht den Blutzucker, damit wir genügend Energie für die Stressbewältigung zur Verfügung haben. Unser Organismus unterscheidet nicht, ob das – wie in Urzeiten – die Flucht vor einem Bären ist oder wie heute, der Druck, dem wir im Büro ausgesetzt sind, wenn wir drei Dinge gleichzeitig erledigen müssen. Wenn wir eine Unverträglichkeit gegenüber einem Nahrungsmittel haben, begünstigt das durch die davon erzeugte Immunreaktion auch die Ausschüttung des Stresshormons, was letztlich für einen schnellen Blutzuckeranstieg sorgen kann. Mehr zu diesen Themen folgt im Fortsetzungsartikel, in dem ich von meinem Blutzucker Experiment berichte.
Auch Adrenalin, Noradrenalin und Somatotropin sind Hormone, deren Signale die Beförderung von Glukose aus den Speichern in die Blutbahn begünstigen. Deren genauere Hintergründe werden hier aufgrund von einer hohen Komplexität nicht in ihrer Funktion beschrieben.
Gesundheit und Blutzuckerwerte – Diabetes Typ 2 und der Einfluss unserer Ernährung
Wie oben erklärt, haben verschiedene Lebensmittel einen unterschiedlichen Einfluss auf den Blutzuckeranstieg. Ein ständig erhöhter Blutzucker und extreme Schwankungen haben negative Folgen für unsere Gesundheit. Dies liegt einerseits daran, dass überschüssiger Zucker in Fett umgewandelt und gespeichert wird und Fettleibigkeit, Herzkreislaufkrankheiten aber auch andere gesundheitliche Probleme begünstigt.
Anderseits gerät das Glukagon-Insulin-Kontinuum aus dem Gleichgewicht: Jedes Mal, wenn der Blutzucker übermäßig steigt, wird dementsprechend sehr viel Insulin ausgeschüttet. Dessen Rezeptoren an den Zellwänden verschwinden sozusagen durch ihre extreme Abnutzung, weil sie sich nicht mehr regenerieren können. Dies kann langfristig dazu führen, dass die Zellen keine Signale mehr bekommen, um Glukose einzulassen und zu speichern. Dadurch bleibt die Glukose in der Blutbahn und muss dann über die Niere abtransportiert werden, damit sie mit dem Urin wieder aus dem Körper gelangt. Dies führt auch hier zu Überbelastungen und löst das Problem nicht. Hinzukommen kann, dass der Körper auch weniger Insulin bildet, weil die Bauchspeicheldrüse durch die langjährige hohe Produktion ermüdet ist. Man spricht zunächst von Insulinresistenz, dann von der Erkrankung Diabetes Mellitus Typ 25.
Selbst, wenn man nicht Diabetes gefährdet ist, macht es Sinn, seinen Blutzucker möglichst stabil zu halten, so dass es weniger extreme Schwankungen nach oben und unten gibt. Diese fördern nämlich durch einen Rattenschwanz von anderen Signalausschüttungen, welche uns träge werden lassen und unsere Konzentration rauben.
Was kann ich tun, um meinen Blutzucker stabil halten?
Damit unser Glukosewert stabil bleibt und wir den ganzen Tag über konzentriert, fokussiert und energiegeladen sind, kann man folgendes tun:
1. Protein, Gemüse und gute Fette frühstücken. Die erste Mahlzeit des Tages kann den Blutzucker bis zu einem gewissen Grad für den ganzen Tag stabilisieren. Mehr dazu im Artikel Das perfekte Frühstück.
2. Zuckergetränke und Lebensmittel mit Einfach- und Zweifachzuckern meiden. Stattdessen mehr komplexe Kohlenhydrate, vorwiegend in Form von Gemüse und ansonsten als Reis, Kartoffel, Quinoa, Buchweizen oder Hirse essen. Unverdauliche Ballaststoffe verlangsamen die Verdauung, so dass der aufgespaltete Zucker aus den komplexen Kohlenhydraten sehr langsam aufgenommen wird.
3. Snacks aus guten Fettquellen, Protein und Ballaststoffen beugen Heißhunger Attacken vor, in denen man zu schnell verdaulichen Zuckern greift und damit einen Teufelskreis für die Insulinachterbahn startet.
4. Blutzucker stabilisierende Lebensmittel zu sich nehmen: Grapefruit, Zimt, Grüner Tee, dunkle Schokolade, Kaffee, Kurkuma, Kokosnuss, Apfelessig, Limettensaft und Zitrone unterstützen vor allem durch ihre Mikronährstoffe einen stabilen Glukosewert.
5. Stress meiden, denn dieser lässt durch den Cortisol-Anstieg den Blutzucker mit ansteigen. Man kann lernen, besser mit Stressoren umzugehen, mehr dazu im Artikel zum richtigen Mindset.
6. Mehr Sport und Bewegung: Bewegung hat einen positiven Einfluss auf einen stabilen Blutzucker. Nach einem kohlenhydratreichen Essen ist ein Spaziergang immer eine gute Entscheidung. Intensivere Sporteinheiten fördern die Insulinsensibilität, womit einer Insulinresistenz vorgebeugt werden kann.
7. Auf Signale des Körpers hören und diese richtig deuten: Nach welchem Essen fühle ich mich schlapp und brauche erstmal ein Nickerchen? Wann bekomme ich Heißhunger Attacken? Wann fühle ich mich gut? Jeder Körper ist individuell und es kann gut sein, dass gewisse Lebensmittel bei einer Person den Blutzucker rasant ansteigen lassen, bei einer anderen Person aber nicht. Dies ist teilweise genetisch bedingt.
8. Für einen ausreichenden Vitamin D3 Spiegel sorgen: Das Sonnenvitamin (das genaugenommen ein Seco Steroidhormon ist) hat einen entscheidenden Einfluss auf den Blutzuckerstoffwechsel: Ein Vitamin D3 Mangel kann dazu führen, dass die Bauchspeicheldrüse weniger Insulin freisetzt. Dies führt dazu, dass überschüssige Glukose im Blut weniger gut abgebaut werden kann und kann somit längere und höhere Blutzuckerspitzen auslösen.
Passend zum 7. Punkt schildere ich euch im nächsten Artikel mein Blutzucker Experiment. Dafür habe ich zwei Wochen den Glukosewert gemessen und viele verschiedene Lebensmittel ausprobiert.
1 Doccheck Flexikon: Blutzucker. [https://flexikon.doccheck.com/de/Blutzucker; 10.05.2020].
2 Zschokke, Samuel (2017): PPP Ernährung und Verdauung. Basel: Universität Basel. Professur für Biologie.
3 Diabetes Ratgeber: Laborwerte: Blutzucker (Glukose). [https://www.diabetes-ratgeber.net/laborwerte/blutzucker; 10.05.2020].
4 Bütikofer, Markus; Hopf, Zensi; Rutz, Guido; Stach, Silke und Grigoleit, Andrea (2015): Humanbiologie 1: Grundlagen, Stoffwechsel und Abwehrsysteme. S. 61-6.
5 The Simple Club: Diabetes Mellitus Typ 2: [https://www.youtube.com/watch?v=scOZClXIo-c; 10.05.2020].
Für einen ausreichenden Vitamin D3 Spiegel sorgen: Das Sonnenvitamin (das genaugenommen ein Seco Steroidhormon ist) hat einen entscheidenden Einfluss auf den Blutzuckerstoffwechsel: Ein Vitamin D3 Mangel kann dazu führen, dass die Bauchspeicheldrüse weniger Insulin freisetzt. Dies führt dazu, dass überschüssige Glukose im Blut weniger gut abgebaut werden kann und kann somit längere und höhere Blutzuckerspitzen auslösen.