BLUTZUCKER MESSEN UND VERSTEHEN | DAS ZWEI-WOCHEN-EXPERIMENT

BLUTZUCKER MESSEN UND VERSTEHEN | DAS ZWEI-WOCHEN-EXPERIMENT

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Das Thema Blutzucker sollte nicht nur für Diabetiker ein Begriff sein, denn Blutzuckerschwankungen haben einen Einfluss auf unser Körperfett, unser Energielevel, die Gesundheit und er kann zum Teil als Indikator für Nahrungsmittelunverträglichkeiten genutzt werden. Heutzutage könnte jeder, der seinen Körper über dieses Tool besser kennenlernen möchte, bequem von zuhause aus ohne einen Arztbesuch seinen Glukosewert mit einem Sensor tracken. Genau das habe ich für zwei Wochen mit einem Blutzuckermessgerät getestet und dabei meinen Körper nochmals ein Stück besser kennengelernt.

 

Warum Blutzucker messen, obwohl man gesund ist? Kleiner Rückblick zum ersten Artikel:

Als gesunde Person meinen Blutzucker messen und überwachen? Ich habe das Selbstexperiment gewagt und in regelmäßigen Abständen am Tag meinen Blutzucker überprüft, um Euch zu zeigen, was dieser Wert alles über Eure Gesundheit aussagen kann.

Im letzten Blogpost wurde das Thema Blutzucker genauer erklärt. Der Artikel vermittelt das Basiswissen zur Hormonregulation rund um Glukosewerte, Diabetes und welchen Effekt das alles auf unsere Gesundheit, Leistungsfähigkeit und unser Körperfett hat. Fakt ist: Der Blutzucker sollte möglichst stabil gehalten werden und keine zu starken Schwankungen nach oben oder unten haben, damit auch die in dem Zusammenhang wichtigen Hormone nicht überlastet werden. Dies kann über Ernährung, Bewegung und den richtigen Lifestyle erreicht werden. Die genaueren Informationen dazu findet ihr im Artikel zum Blutzucker selbst – dieser wäre hier als Vorwissen sehr empfehlenswert.

 

Warum Blutzucker messen, obwohl ich kein(e) Diabetiker*in bin?

Da ich mich schon länger mit dem Thema Blutzucker und Insulin auseinandergesetzt habe, denn es handelt sich dabei um wichtiges Basiswissen bei der Ernährungsberatung, wollte ich das Ganze einmal genauer untersuchen. Man kann zwar in den Medizin- und Biologielehrbüchern und wissenschaftlicher Literatur viel über das Thema erfahren. Beispielsweise wie der Blutzucker je nach Tageszeit oder Mahlzeit steigt und sich das Hormon Insulin dementsprechend verhält findet man schnell heraus, aber jeder Körper ist individuell. In der Praxis kann also alles nochmal etwas anders aussehen, weil Genetik, Darmgesundheit, Bewegung und viele andere Faktoren einen Einfluss auf den Blutzucker haben können. Den Blutzucker messen kann also auch für gesunde Personen, die sich testen möchten, unter Umständen, interessant sein.

Durch das Experiment konnte ich meinen Körper nochmal besser kennenlernen, denn nun weiß ich, dass es tatsächlich ein paar Lebensmittel gibt, die mir weniger gut tun, als andere. Sehr überrascht war ich tatsächlich darüber, wie extrem die Süßkartoffel meinen Glukosewert in die Höhe schießen lässt, wo sie doch immer als Blutzucker stabilisierend angepriesen wird. Grundsätzlich wird das auch so sein, nur eben bei mir persönlich nicht. Mehr dazu folgt weiter unten in meiner Ergebnistabelle.

 

Blutzucker messen: Die Methodik – Blutzuckermessgerät in der App kombiniert mit dem Sensor  

Für mein Experiment habe ich mich für eine innovative und unkomplizierte Methode entschieden. Im Internet konnte ich mir bei der Firma den Sensor bestellen, welcher den Blutzucker messen kann. Er kann bequem zuhause mit dem beiliegenden Applikator am Oberarm angebracht werden. Wie ein Stempel drückt man auf den Applikator, der dann in den kleinen runden Sensor auf die Haut presst. Er hat vorne eine feine Nadel, die beim Anbringen unter die Haut geschossen wird und hält durch einen hautfreundlichen Kleber. Das Anbringen tut überhaupt nicht weh, man spürt nicht, dass etwas unter die Haut pikst. Der Sensor stört absolut nicht und hält auch beim Duschen und sportlichen Aktivitäten gut. Man sollte nur beim Aus- und Anziehen von Kleidung etwas vorsichtig sein, dass man nicht hängen bleibt. 

Über eine App kann man den Tracker dann aktivieren. Um das Messgerät zu synchronisieren muss man sein Handy einfach kurz über die Stelle am Arm halt halten und schon sagt die App einem dem Glukosewert an. Außerdem zeigt eine Statistikkurve, was in der Zeit vorher passiert ist. Man kann also anhand der Grafik und zusätzlich den genauen Messwerten in mg/dl sehen, was der Blutzucker tagsüber und nachts macht – siehe Bild:

Blutzucker_Tag_Nacht

 

Die Ergebnisse – mein wichtigstes Fazit beim Blutzucker messen

Ich habe mir die für mich wichtigsten Messwerte aus den Daten der App herausgeschrieben. Dabei lag der Fokus eigentlich zunächst auf den einzelnen Lebensmitteln, weil mich interessiert hat, was den Blutzucker mehr und was ihn weniger oder langsamer ansteigen lässt. Dabei musste ich wieder einmal feststellen, wie komplex unser Körper ist und dass nicht einfach das Lebensmittel an sich eine Rolle spielt, sondern weitere Faktoren wie Stresslevel oder die Kombination der Lebensmittel Einfluss nehmen. Vor allem aber konnte ich aus den Daten schließen, dass die erste Mahlzeit des Tages tatsächlich den Blutzucker für den gesamten Tag stabilisieren kann.

Dies hat mir einmal mehr die entscheidende Rolle des richtigen Frühstücks bestätigt, über welches ihr nochmals im dazugehörigen Artikel alles nachlesen könnt.

 

Zusammenfassung und Interpretation der Daten beim Blutzucker messen

In der folgenden Tabelle habe ich die für mich relevantesten Messdaten zusammengefasst und eine mögliche Erklärung dazu verfasst. Diese beruht auf meinem biochemischen Verständnis zur Thematik, unter anderem werden dabei die Punkte zur hormonellen Regulation aus dem ersten Artikel zu diesem Thema berücksichtigt. Trotzdem muss an dieser Stelle gesagt werden, dass es sich hier bei den Erklärungen und meinen Schlussfolgerungen daraus hauptsächlich um Hypothesen handelt.

Hier noch einmal kurz eine Erklärung zum Verständnis der Messdaten: Wir verwenden für die Blutglukose die Einheiten Milligramm pro Deziliter Blut (mg/dl). Laut Wissenschaft sollte ein gesunder Mensch im nüchternen Zustand (also nach dem Aufstehen, noch vor dem Essen) keinen höheren Zuckerwert als 100 mg/dl haben. Zwei Stunden nach dem Essen ist der Blutzucker normalerweise bei bis zu 140 mg/dl. Je nachdem, ob man eine sehr kohlenhydratreiche Mahlzeit zu sich genommen hat, kann der Glukosewert auch etwas darüber liegen. Von einer Zuckerkrankheit spricht man, wenn der Blutzuckerwert nüchtern bei über 126 mg/dl und über 200 mg/dl nach dem Essen liegt.

 

Messergebnisse

Mögliche Erklärung

Direkt nach dem Aufwachen war der Wert um die 100mg/dl. An Arbeitstagen stieg er innerhalb von 30 Minuten noch vor dem Frühstück auf 115mg/dl – an freien Vormittagen war der Anstieg um 10mg/dl geringer!

Über Nacht stabilisiert sich der Blutzucker, aber beim Aufwachen wird das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet, denn es aktiviert unser System. Dieser Anstieg führt dazu, dass Zucker in die Blutbahn transportiert wird, da unsere Zellen mit Energie versorgt werden müssen. An Arbeitstagen scheinen mehr Stresshormone ausgeschüttet, weil mehr Aktion gefordert wird!
Für mich hat es sich nach positivem Stress angefühlt, ich war direkt wach, motiviert und fokussiert, weswegen dieser Anstieg natürlich und sinnvoll ist. Menschen, die jedoch mehr negativen Stress am Morgen empfinden, werden möglicherweise einen noch viel höheren Wert haben und sollten eine Morgenroutine einbauen, die sie mit etwas mehr Gelassenheit in den Tag starten lässt.

Rotes Fleisch mit Gemüse und guten Fetten stabilisiert meinen Blutzucker für den ganzen Tag. Ein rein pflanzliches Frühstück lässt meinen Blutzucker innerhalb von 30 Minuten von 100 auf 130 bis 140mg/dl ansteigen – obwohl es kohlenhydratarm ist!

Für mich war das sehr eindeutig. Wenn die erste Mahlzeit nicht aus Fleisch, Fett & Gemüse bestand, hat mein Blutzucker bei jedem Snack und jeder Mahlzeit große Sprünge gemacht – außer, ich habe dann mittags beispielsweise Steak mit Gemüse gegessen. Dann hat sich der Glukosewert den restlichen Tag wieder sehr stabil verhalten.
Für mich heißt das, dass für mich Fleisch zum Frühstück gut ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass das bei jedem so ist!

Intermittierendes Fasten von 16h über Nacht bis mittags am nächsten Tag hatte einen sehr positiven Effekt: Mein Blutzucker blieb nach der kleinen Erhöhung morgens nach dem Aufstehen sehr stabil – zwischen 95 und 110 mg/dl.

Mit 2-3x pro Woche fasten habe ich mich bereits vorher sehr wohl gefühlt: Mein Energielevel und meine Konzentration sind in der Zeit immer sehr gut und ich fühle mich danach regeneriert. Anscheinend gibt das Fasten meinen Blutzuckerhormonen auch die Möglichkeit, sich zu erholen.
Ich denke, fasten wird sich bei den meisten Menschen positiv darauf auswirken, auf dieses Thema möchte ich ohnehin in meinem nächsten Artikel näher eingehen.

Süßkartoffeln treiben meinen Blutzucker unfassbar in die Höhe, so ist er innerhalb von 30 Minuten von 113 auf 193mg/dl (!) angestiegen! Weitere 45 Minuten danach war der Wert bei 78 mg/dl. Normale Kartoffeln haben ihn bis maximal 142 mg/dl erhöht!

Nach diesem rapiden extrem hohen Glukoseanstieg kam ein totales Mittagstief und ich musste mich erstmal hinlegen. Kein Wunder, denn mein Blutzucker hat eine wilde Achterbahnfahrt gemacht! Nach einem Essen mit normalen Kartoffeln war dem überhaupt nicht so und mein Energielevel blieb konstant. Offensichtlich ist meine Genetik nicht für die aus Südamerika stammende Knolle gemacht, auch wenn sie eigentlich ein Superfood ist!
Dies muss jeder für sich selbst herausfinden. Ich gehe davon aus, dass Menschen mit südländischen Wurzeln gut auf Süßkartoffeln reagieren. Die Blutzuckerwerte in Zusammenhang mit der Süßkartoffel waren weit weg von der gesunden Norm!

Auch komplexe Kohlenhydrate spät abends (nach 20 Uhr) lassen meinen Blutzucker in der ersten Schlafphase stark ansteigen auf bis zu 150 mg/dl, danach sinkt er innerhalb von ca. 30 Minuten auf unter 100mg/dl.

Mit der Melatonin (Schlafhormon) Produktion abends, die 2-4h vor dem zu Bett gehen beginnt, wird ein Gen aktiviert, welches die Insulin Ausschüttung herunterfährt. Dadurch wird weniger Glukose aus dem Blut in die Zellen gebracht und der Blutzucker steigt stärker an1. Wenn er zu hoch wird, muss dann doch wieder Insulin aktiviert werden – mehr als eigentlich gut wäre. Dies kann unseren Biorhythmus durcheinanderbringen und langfristig zu Problemen mit der Insulinproduktion führen.
Deswegen würde ich jedem empfehlen 3-4 h vor dem Schlafen nichts mehr zu essen, laut Dr. Rhonda Patrick hat bereits das eine langfristig positive Wirkung auf den Blutzucker- Insulin Haushalt1.

 

Studien und Werte basieren meist auf Untersuchungen von Diabetes Erkrankten

Ich möchte kurz bemerken, dass fast alle zugänglichen Daten zu Glukosewerten bei Diabetes Studien entstanden sind. Dies liegt wohl daran, dass sich hier die Investitionen lohnen, weil man für Erkrankte Therapiemaßnahmen ermitteln möchte, denn diese bringen den Firmen wieder Gewinne ein. Untersuchungen mit Sportlern und gesunden Menschen sind daher oft uninteressant für die Investoren der Studien. Deswegen konnte ich auch nur ermitteln, dass der Blutzuckerwert normalerweise 2h nach einer Mahlzeit nicht mehr höher als 140 mg/dl sein sollte. Was aber in diesen zwei Stunden passieren sollte, ist relativ unklar. Um sicherzugehen, dass genug Insulin produziert wird, damit der Blutzucker sich nach den zwei Stunden wieder langsam stabilisiert, macht dieser Anhaltspunkt durchaus Sinn. 

Interessant wäre es jedoch zu wissen, wie hoch denn kurz nach dem Essen der Wert steigen darf. Bei meinem extremen Anstieg nach der Süßkartoffel hatte sich der Wert nach den zwei Stunden wieder auf 110 mg/dl normalisiert, aber ich bin überzeugt, dass das extreme Hoch und Tief trotzdem nicht wünschenswert ist. Daraus könnte sich ja langfristig ein Problem mit den Insulinrezeptoren entwickeln, wenn diese durch solch erhöhte Werte immer wieder überlastet werden.

 

Blutzucker messen – Das Fazit des Selbstexperiments

Ich empfehle allen, die ihren Körper noch besser kennenlernen möchten, das Blutzucker Experiment an sich selbst durchzuführen. Meine Daten sind ein gutes Beispiel dafür, dass trotz einer bereits sehr bewussten Ernährungsweise, einem gesunden, fitten Körper und einem niedrigen Körperfettanteil immer noch Dinge individuell optimiert werden können. Ein stabiler Blutzucker ist entscheidend für die Gesundheit, Leistungsfähigkeit, Körperfettreduktion und Schlaf. Da tatsächlich verschiedene Personen unterschiedlich auf verschiedene Lebensmittel reagieren, ist das Tool mit dem Blutzuckermessgerät eine simple Lösung für zuhause, um seine Ernährung und den Lifestyle nochmals anzupassen.

Ich habe den Freestyle Libre 2 über die App getrackt, was für mich die preiswerteste und einfachste Variante darstellte.

Verlasse Dich im Zweifel niemals nur auf Deine Eigenen Versuche bzw. Messwerte und konsultiere, falls Du Unregelmässigkeiten in Deinem Blutzucker entdeckst, immer einen Arzt oder ausgebildeten Trophologen zur Sicherheit! Ich wünsche Dir viel Erfolg mit Deiner Ernährung, Deiner Gesundheit und einem ausgewogenen Lebenstil.

 

 1 Patrick, Dr. Rhonda (2019): Late-night eating and melatonin may impair insulin response. Found my Fitness [https://www.foundmyfitness.com/episodes/melatonin-insulin-response; 31.05.20].

Ines Maria Schulz, geboren am 01.12.1992 in Basel, Schweiz hat auch dort den Master Of Education in Biologie und WAH abgeschlossen, womit sie den Grundstein für das Verständnis von Physiologie und Anatomie sowie Ernährungslehre gesetzt hat. Zudem ist sie ausgebildete Sportlehrerin für die Grundschule. Seit zwei Jahren ist sie Coach bei MTM Personal Training, dem erfolgreichsten Personal Training Studio in Berlin. Dort unterstützt sie täglich Kunden, die ihr maximales Potential bezüglich mentaler und physischer Gesundheit und ihrer Leistungsfähigkeit ausschöpfen möchten. In Kooperation mit Ärzten wie Dr. Dominik Nischwitz und einem Labor für Darmgesundheit sowie dem ständigen Austausch im Team kann sie ihre Kunden optimal über Training, Ernährung, Mikronährstoffe und Lifestyle beraten. Für MTM hat sie bereits ein Frühstücksbuch und einen grossen Teil eines Lifestyle Booklets verfasst. Zudem schreibt sie wöchentlich den Newsletter, in dem Ernährungstipps und von ihr kreierte Rezepte veröffentlicht werden. Ines hat bei verschiedensten erfolgreichen Coaches und Fachpersonen Seminare und Zertifikate absolviert und erweitert stetig ihre Kompetenz. Für Supz Nutrition ist die junge Trainerin seit Januar 2019 mit dem Verfassen von Blogartikeln aktiv.

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