11 Monate Vorbereitung, 11 Monate Diät, 11 Monate komplett strukturierte und abgewogene Mahlzeiten, 11 Monate hartes Training. Michi sagt selber, die Zeit war hart. Das Resultat hat sich ausgezahlt: er gewinnt im August 2017 den INBF Natural Muscle Mayhem in Los Angeles. Wir sprechen mit unserem Athleten ausführlich darüber, wie es ihm in dieser Zeit ging, wie sie ihn verändert hat und was außer Bodybuilding zu seinem Leben gehört.
Johanna: Du hast 11 Monate vor dem großen Tag mit deinem harten Trainingsplan und der Diät angefangen – das ist echt in langer Zeitraum. Wie war dein Lebensgefühl während der ganzen Vorbereitungszeit?
Michael: Es ging eigentlich, ich war total relaxed. Viele sagen, dass man während so einer Diätphase total gestresst ist und auch stressanfällig. Ab einem gewissen Körperfettanteil stimmt das auch. So ziemlich gegen Ende war ich laut meinen Freunden und meiner Freundin jetzt nicht zickig oder so, aber sehr, wie kann man das sagen „im Fokus“. Irgendwann kommt der Punkt, an dem der Körper quasi in den Überlebensmodus umstellt. Dein Körper an sich weiß ja nicht, dass Du dich gerade auf einen Bodybuilder-Wettkampf vorbereitest – er weiß nur, dass er seit elf Monaten zu wenig zu essen bekommt, obwohl er vielmehr verbraucht. Wenn du so mager wirst, hast du so wenig Fett, dass ein Schalter im Kopf umgelegt wird. Ehrlich gesagt habe ich in den letzten 8 bis 10 Wochen auch nur noch an Essen gedacht.
Das klingt jetzt vielleicht verrückt, aber ich habe in dieser Zeit dauernd Kochshows geschaut und auch meine Freunde zum Essen eingeladen, obwohl ich selbst nichts gegessen habe. Ich wollte einfach nur sehen, dass es ihnen schmeckt und irgendwie daran teilhaben. (lacht)
Johanna: Wow, ich glaube ich könnte das nicht, mir so viel verbieten. Wenn ich Hunger habe, dann muss ich auch was essen. Etwas, das mir schmeckt und natürlich auch genug…
Michael: Bei mir war es nie so, dass ich das Gefühl hatte ich würde mir etwas verbieten. Mir war die ganze Zeit klar, dass ich den Wettkampf bestreiten will und um zu gewinnen, muss ich alle diese Schritte einhalten. Außerdem wusste ich, dass ich danach wieder essen kann worauf ich Lust hab. Trotzdem war ich sehr streng mit mir – ich hatte in der ganzen Zeit keinen einzigen Cheat-Day, noch nicht mal ein einziges Cheat-Meal. Am meisten habe ich nicht das Essen oder große, leckere Portionen vermisst, sondern die Zeit, die Du mit Freunden im Restaurant, in Bars oder beim gemeinsamen Essen verbringst. Deswegen bin auch mit meinen Freunden trotzdem ins Restaurant oder habe sie auf ein Eis eingeladen. (lacht)
Johanna: Was hat Dir außerdem in dieser doch harten Zeit geholfen?
Michael: Vor allem in den Wochen direkt vor dem Wettkampf hat mich Dr. Dome unterstützt und während der ganzen Trainingszeit auch eure Supplements – wegen den Nährstoffen, die Dir einfach durch die Diät fehlen. Bevor ich in die USA geflogen bin war ich oft in der Praxis bei Dominik und habe Vitamin C- und Vitamin B12 Infusionen bekommen. Das hat mir auch sehr dabei geholfen nicht krank zu werden, da dein Immunsystem bei dieser hohen Trainingsintensität doch sehr leicht angreifbar ist.
Johanna: Wie viel hast du in dieser Zeit trainiert?
Michael: 5 Tage in der Woche.
Johanna: Du hast ja in dieser Zeit auch stark auf deine Ernährung geachtet. Jetzt ist es ja in den letzten Jahren so, dass sich auch Bodybuilder teilweise vegan ernähren. Wir nehmen in unserem Blog gerade zurzeit das Thema Veganismus unter die Lupe. Was hältst du persönlich von veganer Ernährung? Ist es überhaupt möglich während so einer intensiven Trainingsphase und im Leistungssport genügend Eiweiß auf diesem Weg zu bekommen um die Muskeln aufzubauen?
Michael: Es gibt ein paar Natural Bodybuilder, die sich ausschließlich vegan ernähren und ich halte es grundsätzlich für möglich. Ich selber ernähre mich nicht vegan, auch wenn ich gerne ab und zu mal vegan esse. Meine Kritik ist bezüglich des Muskelaufbaus die Aminosäure Leucin. Bei einer veganen Ernährung ist es schwierig von dieser ausreichend bei jeder einzelnen Mahlzeit zuzuführen, dass die Muskelproteinsynthese auch entsprechend angekurbelt werden und richtig funktionieren kann. Die neusten Untersuchungen haben wieder gezeigt, dass es bei einer veganen Ernährungsweise am meisten Sinn macht, verschiedene Quellen an Proteinen zu essen. Also beispielsweise nicht nur Linsen, sondern Linsen und Erbsen zusammen. Am Ende des Tages ist Protein gleich Protein. Ich denke nur, dass es mit einer veganen Ernährung schwierig ist ausreichend Proteine zuzuführen ohne zum Beispiel Verdauungsbeschwerden zu bekommen, da diese Ernährungsweise doch sehr ballaststoffreich ist.
Ich kann mir vorstellen, dass Leute, die sich nicht gut mit dem Thema Ernährung auskennen, viele Fertigprodukte essen und vielleicht auch übergewichtig sind, mit einer veganen Ernährung Vorteile hätten. Sie beschäftigen sich dadurch einfach mehr mit den Nahrungsmitteln und durch die vielen Ballaststoffe sind sie besser und schneller gesättigt, was ihnen dann zum Beispiel dabei helfen kann ihr Gewicht zu reduzieren.
Johanna: Was würdest du sagen ist dein „One thing for optimal performance“ – also was meinst du ist deine eine Sache, mit der du optimal funktionieren kannst?
Michael: Schlaf. Genügend Schlaf. Weißt du, wenn man zu wenig isst – das habe ich ja selber gemerkt in dieser Zeit, kannst du trotzdem irgendwie dann am Ende optimal funktionieren. Aber wenn Du nicht richtig schläfst, dann geht einfach nichts.
Johanna: Hast Du eine Morgenroutine?
Michael: Ja. Es kommt darauf an wie viel Zeit ich morgens habe. Ich mache jetzt kein richtiges Yoga oder ähnliches, aber ich dehne mich 20-30 Minuten – so ein bisschen Mobility. Das hilft mir gleichzeitig auch beim Wachwerden, da ich meistens kein Kaffee morgens trinke, sondern lieber mal einen Espresso am Nachmittag.
Johanna: Du bist dabei, dein eigenes Unternehmen aufzubauen, schreibst deine Bachelorarbeit und trainierst gleichzeitig. Wie schaffst du es, abends abzuschalten?
Michael: Ich war in meiner Schulzeit auf dem Internat, da war es auch schon sehr stressig mit dem Lernpensum. Sie haben uns damals bereits eine Mentalität beigebracht, die für mich bis heute gut funktioniert: „Work hard, play hard“. Ich setze mich also jeden Tag auch hin und erledige die Sachen auch, die für diesen Tag zu tuen sind. Danach aber versuche ich dann auch wirklich nichts mehr zu machen und abzuschalten. Meistens ist das Training für mich die beste Zeit zum Abschalten. Auch gibt es Tage an denen ich den gesamten Tag lang mal nichts mache und versuche meinen Kopf komplett frei zu bekommen. Das hilft, um danach wieder mit voller Energie weiter zu machen. Abends lese ich auch gerne.
Johanna: Was ist Dein aktuelles Lieblingsbuch?
Michael: Es gibt zwei Bücher, die mir extrem gut gefallen haben. Einmal „Seven Habits of Highly Effective People“ von Stephen Covey und „Legacy“ von den All Blacks.
Johanna: Was steht bei Dir in den nächsten Wochen an?
Michael: (stolz) Ich habe gerade meine Bachelorarbeit abgegeben, jetzt fehlen noch die letzten Examen und dann bin ich erstmal durch. Als kleine Auszeit fahre ich nächste Woche für 5 Tage nach Island – darauf freue ich mich jetzt sehr!
Von unserer Seite auf jeden fall Hut ab lieber Michi, wir sind sehr stolz Dich sponsern zu dürfen!
Michael Hiller im August 2017 beim INBF Natural Muscle Mayhem in Los Angeles.